Trump – it’s not the economy!

Vielleicht muss man sich einfach nur ein bisschen lockerer machen. Vielleicht ist es ja sogar notwendig, dass man die Präsidentschaft Donald Trumps mal ganz vorurteilslos betrachtet, ergebnisorientiert sozusagen. Und dann sieht man, Mensch, die Wirtschaft boomt, die Arbeitslosigkeit ist auf einem Rekordtief, die Märkte kennen nur eine Richtung: nach oben. Und überhaupt: Wo ist denn nun der Handelskrieg mit Europa? Oder der Austritt aus der NATO? Oder die Mauer an der Grenze zu Mexiko? Lasst uns doch nicht immer nur auf die Tweets schauen, er ist halt ein Sprücheklopfer – zählt am Ende nicht das, was er tatsächlich gemacht oder nicht gemacht hat? Und hat die F.A.Z. deswegen nicht gute Gründe, in ihrem Leitkommentar zu urteilen, die wirtschaftliche Bilanz des ersten Regierungsjahres von Donald Trump könne sich sehen lassen? Nun? Machen wir es kurz. Die Antwort lautet: NEIN!

Untragbar fürs Amt

Man muss an dieser Stelle eigentlich nicht das wiederholen, was offensichtlich ist. Ein Präsident, der Lügen und Hass in einer Dosis und in einem Tempo verbreitet, wie es wahrscheinlich alle seine Vorgänger zusammen nicht geschafft haben, ist untragbar für dieses Amt; er ist eine Zumutung für all jene Menschen, die glauben, ein öffentliches Amt wie das des US-Präsidenten sollte wenigstens mit etwas Würde und menschlichem Anstand ausgeübt werden. Man muss eigentlich auch nicht zum wiederholten Male an das präpotente  Kleinkind-Verhalten dieses Mannes erinnern, an seine komplette Ahnungslosigkeit von der Welt im Allgemeinen und der politischen Welt im Besonderen, an sein Desinteresse gegenüber demokratischen Strukturen und liberalen Werten, an seinen Rassismus, sein Frauenbild, seine Verachtung der Justiz, an seine Vorliebe für starke Männer in autoritären Systemen. All dies muss eigentlich nicht ständig wiederholt werden – eigentlich. Aber wenn in einer ersten Bilanz seiner „Wirtschaftspolitik“ der Eindruck erweckt wird, Arbeitslosenzahlen und Wachstumsraten könnten für den Präsidenten Donald J. Trump sprechen, dann kann man es offenkundig doch nicht häufig genug sagen.

Drei Dinge beachten

Eines nämlich sollten wir, ja eines dürfen wir nicht tun – selbst dann nicht, wenn Trumps Politik gelegentlich auch vernünftige Anliegen verfolgt: Wir dürfen die Ergebnisse seiner Arbeit niemals von seinem Charakter und seinem Verhalten trennen. Drei Dinge gilt es im Hinterkopf zu behalten. Erstens: Trump vergiftet das politische Klima – national wie international; dass das politische System der USA ohne nachhaltige Schäden aus der Präsidentschaft Trumps hervorgehen wird, dürfte ein frommer Wunsch bleiben. Das Gleiche gilt für die Beziehungen Amerikas zum Rest der Welt. Zweitens: Trump bleibt ein gewaltiger Risikofaktor. Er hat sein disruptives Potenzial im Nahen und Mittleren Osten schon mehr als nur angedeutet; wir müssen nach wie vor davon ausgehen, dass erratische Alleingänge der USA an der einen oder anderen Stelle ein prekäres Gleichgewicht zerstören und schwer kontrollierbare Entwicklungen in Gang setzen können. Die Kriegsgefahr in Teilen der Welt ist durch die Wahl Donald Trumps erheblich gestiegen. Und drittens: Trump ist ein Nationalist. Dass aus einer nationalistischen Geisteshaltung heraus Politik gemacht wird, heißt zwar nicht zwangsläufig, dass sie nur schlecht ist und keinen Nutzen für andere Länder abwirft. Aber es bedeutet, dass die Politik unter Trump niemals die Interessen anderer Länder und Regionen im Blick haben wird, niemals ausgleichend und niemals verlässlich sein kann. Eine kooperative Weltordnung hat keinen Fürsprecher in Donald Trump.

Hüten wir uns also davor, Trump an irgendwelchen ökonomischen Parametern zu messen! Hüten wir uns vor einem verschwommenen Blick auf ihn und seine Präsidentschaft! Es ist nicht die wirtschaftliche Lage, die ihn zu einem guten oder zu einem schlechten Präsidenten macht. Die üblichen Kriterien gelten in seinem Fall nicht.

Und was ist mit der Steuerreform?

Wenn wir übrigens noch einmal auf den Artikel in der F.A.Z. zurückkommen, stellt sich noch eine andere Frage: Mit welchen Maßnahmen soll Trump eigentlich im ersten Jahr das Wirtschaftswachstum beeinflusst haben? War da etwas, was unserem Blick entgangen ist? Halt, könnte man jetzt einwenden. Die Steuerreform hat zwar keine Auswirkungen auf das Wachstum 2017 haben können, aber ist sie nicht dennoch ein Erfolg von Donald Trump? Immerhin hat er nicht nur ein Versprechen aus dem Wahlkampf umgesetzt, sondern obendrein ein Gesetzeswerk angestoßen, das die US-Wirtschaft deutlich stärken dürfte – was dann ja womöglich wieder positive Effekte auf die Weltwirtschaft haben könnte und so weiter und so fort.

Diese Wirtschaftspolitik Trumps – zu der auch noch das Versprechen von gewaltigen Infrastrukturinvestitionen und einer allgemeinen Deregulierungswelle, aber eben auch das Aufkündigen von Handelsabkommen zählen – kann man, wenn man will, gutheißen; allerdings auch nur dann, wenn man die fiskalischen Konsequenzen für die hoch verschuldeten USA ausblendet, Klimaschutz als nicht notwendig ansieht, Umweltbestimmungen für lästig hält und  grundsätzlich daran glaubt, der Staat müsse sich aus allem heraushalten. Will man das tun?

Der Faktor Trump

Aber entscheidend ist eben etwas anderes. Zu dieser  – wenn man so will – klassisch-republikanischen Politik kommt noch ein wesentlicher Faktor hinzu: die Person Donald Trump. Und dann geht es um sehr viel mehr, als nur um die Wirkung von Steuersenkungen. Es geht um sehr viel mehr als nur um die Wirtschaft. Es geht – diese Dramatik sei erlaubt – um fast alles!

 

Foto: Michael Vaden

 

 

 

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